Berühmte Veranstaltungen wie die Filmfestspiele von Cannes und natürlich die Oscar-Verleihung sorgen nicht nur für das Prestige der Schauspieler, sondern auch der Designer. Das ist jedem klar, der auch nur einmal den Lauf auf dem Roten Teppich verfolgt hat. Der Aufwand, der dahinter steht, ist den meisten dagegen nicht klar.
Es ist die Standard-Frage JEDES Interviewers an JEDEN weiblichen Star auf dem roten Teppich: Was tragen Sie heute? Jedes Jahr prügelt sich die bei den Oscars anwesende Presse auf ihren speziell und streng zugewiesenen, sehr kleinen Fleckchen am Roten Teppich regelrecht darum, die größten Stars vor das eigene Mikrofon zu bekommen. Und wem es gelungen ist, der sieht sich dann einer perfekt aussehenden Angelina Jolie gegenüber, die lächelnd für die Kamera posiert und den Designer ihres todschicken Kleides in den Himmel lobt. Warum stehen die Abendkleider der Stars so im Vordergrund? Was macht sie so besonders und was muss ein Star eigentlich alles tun, damit er im Abendkleid vom namenhaften Designer auch eine gute Figur macht?
Perfekte Abendkleider sorgen für Gesprächsstoff
Gerade die weiblichen Stars unterliegen in der Filmindustrie einem strengen Schönheitsideal. Möglichst jung, möglichst hübsch und möglichst stilsicher sollte eine Hollywood-Dame sein, damit sie für volle Kinokassen sorgt. Eine Oscarnominierung oder ein Filmpreis kurbelt die Karriere der Schauspieler enorm an. Deshalb ist es besonders für die Damen wichtig, sich am Abend der Verleihung von ihrer Schokoladenseite zu zeigen. Alles muss also gut vorbereitet, das Cocktailkleid perfekt sein – die Frisur muss gut sitzen und das Make-Up darf weder verschmieren noch zu dick auftragen. Da geht es um mehr als nur um Abendkleider – die großen Stars überlassen kein Detail dem Zufall. Und so engagieren einige sogar einen Eyebrow-Spezialisten, der ihre Augenbrauen zupft, schneidet, auffüllt, sprayt oder nachmalt. Botox wird in die Axeln gespritzt, damit keine unangenehmen Schwitzflecken auftauchen.
Wer auf die Frage nach dem Designer mit einem momentan angesagten Namen antworten kann, rückt sich selbst noch mehr ins Rampenlicht und kann davon ausgehen, dass er in sämtlichen Zeitschriften abgebildet sein wird. So sorgen insbesondere die Schauspielerinnen dafür, dass sie im Gespräch bleiben oder zum Gespräch werden – und das haben sie dann auch ihren Abendkleidern zu verdanken. Dabei gibt es bei den Oscars keinen Dresscode. Die Abendkleider der Damen reichen von scheußlich über völlig abgedreht bis wunderschön. Eine der wenigen Stars, die sich regelmäßig aus dem Robenrausch der Oscarnacht heraus hält ist Schauspielerin Diane Keaton, die im Hosenanzug über den Roten Teppich schreitet.
Abendkleider – geliehen, getragen, versteigert
Die meisten weiblichen Hollywoodstars kaufen die Abendkleider, die sie bei einem Filmpreis, bei Premieren oder Preisverleihungen tragen, nicht selbst – sie werden ihnen in der Regel vom Designer geliehen oder sogar geschenkt. Zum Dank erwartet dieser, dass die Dame seinen Namen in jedes Mikrofon spricht, das sie finden kann. Vor einer wichtigen Nacht wie den Oscars, kann es deshalb unter Designern oder Stylisten zu regelrechten Kämpfen kommen. Denn mal sind es die Designer, die versuchen ihre Abendkleider an den Star zu bekommen, manchmal sind es deren Stylisten, die versuchen, ein Designer-Kleid für ihren Schützling zu ergattern. Niemals aber ist es die Trägerin selbst, die beim Designer nach einem Abendkleid fragt – das ist eines der vielen ungeschriebenen Gesetze Hollywoods: Nur ein Niemand würde einem Designer wegen eines Kleides nachlaufen. Echte Stars hören bei der Wahl ihrer Abendkleider auf ihre Stylisten, was dazu führt, dass diese von den Modefirmen Swimmingpools, Rassehunde oder Ferienhäuser angeboten bekommen, wenn sie Angelina Jolie, Scarlett Johansson oder Penelope Cruz dazu bringen, ihr Kleid zu tragen.
Die Stars möchten Abendkleider von den angesagtesten Designern tragen, die Designer möchten ihre Abendkleidern von den berühmtesten Schauspielerinnen präsentiert wissen. „Im besten Fall ist es eine Win-Win-Situation für beide Seiten“, sagt dazu Ute Zahn von der Agentur Artist Network. „Der Star bekommt ein tolles, vielleicht sogar maßgeschneidertes Outfit umsonst und das Modelabel einen Haufen kostenloser Veröffentlichungen.“ Dass das allerdings auch nach hinten losgehen kann, haben schon einige Preis-Verleihungen bewiesen. Denn nur, wenn auch alle Zeitschriften mitbekommen, welches Kleid welcher Star trägt, kann dies auch gedruckt werden. Und nur wenn die Abendkleider an den Damen auch perfekt aussehen, steigert das das Prestige der Schauspielerin wie des Kleides. Deshalb müssen der Designer und die Trägerin vom Typ her auch zusammen passen. Erscheint eine 16-jährige Jungschauspielerin in schwerer Abendrobe, die sie zehn Jahre altern lässt, ist diese Kombination von Designer und Star von keinen von beiden vorteilhaft.
Die Firma Hugo Boss zum Beispiel hat seit mehreren Jahren eine eigens eingerichtete kleine Abteilung, die sich um das sogenannte „Celebrity-Dressing“ kümmert. Diese bezieht etwa dann, wenn das Unternehmen Mitsponsor der Berlinale ist, eine Suite im Hyatt, wo Anzüge, Smokings und Cocktailkleider hängen, die sich von Hugo Boss eingeladene Berlinale-Stars für den Abend ausleihen können. Wie gut eine solche Werbung funktionieren kann, zeigte Sharon Stone bereits 1996 eindrucksvoll. Sie trug zu einem Valentino-Seidenrock ein schlichtes, schwarzes Rollkragen-T-Shirt von GAP für etwa 20 Dollar. Diese Kombination löste einen Mode-Hype aus, wie die Oscars ihn nur selten erleben. Sie landete mit dieser Kombination in unzähligen best-dressed-Listen Amerikas und sorgte so dafür, dass die Jeans-Kette GAP sich über einen Total-Ausverkauf dieses Rollkragen-Models freuen konnte.
Für die Stars ist es von Vorteil, wenn sie sich ihre Abendkleider ausleihen können oder sogar geschenkt bekommen, denn anziehen können sie sie in der Öffentlichkeit sowieso kein zweites Mal. Aus diesem Grund versteigern auch einige der weiblichen Stars ihre Abendkleider nach Abendveranstaltungen wie den Oscars. So wie etwa Heidi Klum, die den Erlös aus der Versteigerung einem wohltätigen Zweck spendet.
Autorin: Anne Bartel, Platinnetz-Redaktion