Ein knuspriges Hähnchen, ein Glas frische Milch und am Sonntag ein Frühstücksei und ein Müsli mit Joghurt. Gab es alles ganz günstig im Sonderangebot. Klingt gut. Was man dabei vergisst, ist das Leiden der Nutztiere, deren Produkte auf den Tellern landen. Was kann man dagegen tun?
Nein, es müssen nicht alle Menschen Vegetarier werden und es müssen auch nicht alle auf Eier, Milch und Joghurt verzichten. Doch sollte allen bewusst sein, dass der günstige Preis für Fleisch und Milch nicht ohne Grund gehalten werden kann. Wer nach billigem Fleisch und billigen Eiern verlangt, erkauft den Sparpreis mit dem Leiden der Nutztiere.
Das kurze Leben vieler Nutztiere
Jedes Jahr werden allein in Deutschland etwa 500 Millionen Nutztiere geschlachtet. Damit finden sie ein grausames Ende nach einem kurzen Leben geprägt von Leiden. Viele Fleischerzeuger suggerieren in der Werbung und auf der Verpackung, dass sie ihre Tiere bis zur Schlachtung artgerecht halten würden. Das ist jedoch in den meisten Fällen nicht wahr. Ein Huhn zum Beispiel braucht für ein artgerechtes, glückliches Leben mindestens frische Luft, eine Wiese, Sand zum Baden und Scharren, reichlich Auslauf, gesundes Futter zum Picken, Wasser, Artgenossen, denen es auch einmal ausweichen kann, und einen Hahn. Die Realität auf Hühnerfarmen sieht völlig anders aus. Um das Fleisch günstig anbieten und trotzdem hohen Gewinn machen zu können, werden die Tiere unter grausamen Bedingungen zu Tausenden eingepfercht. Das nennt sich dann „Bodenhaltung“. In fensterlosen Hallen vegetieren sie in Gruppen von 10.000 und mehr Tieren 30 bis 35 Tage vor sich hin, bevor sie ihr Schlachtgewicht erreicht haben. Durch Intensivmast und Überzüchtung legen diese Nutztiere täglich 55 bis 60 Gramm zu, das entspricht etwa 6,5 Prozent des Körpergewichts. Übertragen auf den Menschen würde auf diese Weise ein Kind, das 30 Kilo wiegt, täglich zwei Kilo zunehmen. Die Hühner brechen daher häufig unter ihrem eigenen Gewicht zusammen und können wegen der gedrängten Enge nicht mehr aufstehen. In der Folge werden sie von ihren im Dauerstress aggressiv gewordenen Kollegen gepickt und verletzt.
Bis zu 26 Tiere müssen sich einen Quadratmeter Platz teilen. Das bedeutet, dass jedem Huhn in Bodenhaltung etwas weniger als zwei Drittel eines Din-A-4-Blattes zur Verfügung stehen. Da die Tiere in den kahlen Hallen keine Möglichkeit haben, ihrem natürlichen Bedürfnis nach Scharren und Picken nachzukommen, kommt es zu Ersatzhandlungen wie dem Federnrupfen und dem Picken anderer Hühner. Gäbe man den Tieren Möhren, Maiskolben und Grünfutter, wäre zumindest dieser Missstand abzustellen. Doch die Industrie scheut den Aufwand und die Kosten, denn das würde geringeren Gewinn bedeuten.
Auch an den Futtertrögen herrscht Gedränge, so dass die Tiere gezwungen sind, übereinander zu klettern und sich dabei verletzen. Auch Todesfälle sind nicht selten.
Da während der gesamten Mastzeit die Hallen nicht von den Exkrementen der Tiere gereinigt werden, bildet sich im Lauf der Zeit eine enorme Menge an Ammoniak. Die Tiere liegen im Kot, wodurch sie Verätzungen erleiden. Viele weitere Verletzungen, Qual und Grausamkeiten müssen diese Nutztiere über sich ergehen lassen, damit der Verbraucher ein billiges Stück Hähnchenbrust in die Pfanne werfen und der Hersteller einen hohen Gewinn erzielen kann. Das Investieren in Bio-Fleisch ist eine gute Möglichkeit, dazu beizutragen, dieses Tierleid zu beenden, denn die Nachfrage bestimmt den Markt.
Nutztiere – nur zum Benutzen auf der Welt?
Wie die Hühner leiden auch Rinder und Milchkühe, um bei minimalem Einsatz maximalen Gewinn erwirtschaften zu können. Auf die Nutztiere wird dabei keine Rücksicht genommen.
Was viele nicht wissen: Kühe geben nur dann Milch, wenn sie ein Kälbchen haben. Um konstant Milch zu bekommen, werden die Kühe mindestens einmal im Jahr künstlich befruchtet. Die Kälbchen werden ihnen gleich nach der Geburt weggenommen, wodurch die Muttertiere tage- oder wochenlang verstört sind.
In einigen Regionen Deutschlands ist die Anbindehaltung, die eigentlich verboten ist, immer noch Standard für Milchkühe. Dabei stehen die Kühe in schmalen Gitterboxen und sind am Hals mit Ketten angebunden. Die Hufe stehen auf Vollspaltböden, wie sie auch in der Schweinemast eingesetzt werden und in denen die Beine sich häufig verkanten. Einstreu ist nicht vorhanden und oft bekommen diese Kühe ihr ganzes Leben lang keinen einzigen Weidegang. Dabei grasen Rinder in der Natur praktisch den ganzen Tag. Durch die Überzüchtung ist der Energiebedarf einer Hochleistungskuh aber so hoch geworden, dass er durch Gras und Heu nicht mehr gedeckt werden kann. Bekommen sie aber nur Kraftfutter, haben sie keine Möglichkeit, ihr natürliches Verhalten zu leben und so kommt es zu Verhaltensstörungen wie dem Zungenschlagen und –rollen oder dem gegenseitiges Besaugen, das den natürlichen Vorgang des Grasrupfens imitiert. Auch Stoffwechselerkrankungen sind durch die falsche Ernährung an der Tagsordnung.
Durch das Fehlen der Einstreu kommt es bei praktisch allen Rindern zu Gelenkschäden, Schleimbeutelentzündungen, Abszessen, Liegebeulen und Druckschäden. Auf dem glitschigen Boden fällt den Kühen das Aufstehen schwer. Liegen zwei Tiere nebeneinander verletzen sie sich aufgrund der Enge im Stall beim Aufstehen oft gegenseitig, indem sie sich auf Zitzen oder Schwanz treten. Die Lösung besteht nicht etwa darin, größere Ställe zu bauen, sondern darin, den Tieren die Schwänze zu kürzen.
Auch das natürliche Sozialverhalten der friedlichen Herdentiere wird durch die Massenhaltung völlig unterbunden. Scheuern, gegenseitiges Lecken, Schlagen mit dem Schweif: All das ist nicht möglich. Damit die Tiere sich in der Enge nicht gegenseitig verletzen, werden ihnen außerdem die Hörner entfernt.
Auch Schweinen in Mastbetrieben geht es nicht anders. In Deutschland gibt es bereits Anlagen mit 65.000 Schweinen. In den neuen Bundesländern sind Betriebe mit bis zu 95.000 Schweinen geplant. Je größer die Anlage, desto geringer die Kosten für den Betreiber. Die an derartige Mastbetriebe angeschlossenen Biogasanlagen erwirtschaften zusätzlichen Gewinn.
Den kleinen Ferkeln werden in solchen Betrieben kurz nachdem sie auf der Welt sind, die Eckzähne und die Ringelschwänzchen bei vollem Bewusstsein abgekniffen. Auch die Kastration erfolgt verbotenerweise oft ohne Betäubung denn das spart Zeit und Kosten. Würde der Schwanz nicht entfernt, würde er zum Kannibalismus reizen, weil die intelligenten Tiere in ihren Boxen keinerlei Beschäftigung haben. Etwa eine Million Schweine sterben bereits während der Mast an Krankheiten, die durch die schlechten Bedingungen hervorgerufen werden. Etwa 500 000 weitere sterben durch Stress und Todesangst auf dem Transport in oft weit entfernte Schlachthöfe. Durch Strom oder Gas oft nur leicht betäubt, erleiden sie schließlich einen grausamen Tod.
Jede Art der Nutztiere hat auf ihre eigene Weise zu leiden, um die Bedürfnisse des Menschen zu erfüllen. Das alles wäre nicht möglich, wenn Verbraucher nicht immer größere Schnitzel für immer weniger Geld auf dem Teller haben wollten. Eier, Butter und Milch dürfen nur Centbeträge kosten und ein Rinderfilet muss bei den Discountern billig zu haben sein. Kaum jemand macht sich darüber Gedanken, wie diese günstigen Preise erzielt werden können und dass lebende Tiere dahinter stecken. Dabei gibt es Alternativen, auch wenn man sich mit dem Vegetarismus nicht anfreunden kann. Bio-Fleisch ist gar nicht so teuer, wenn man nicht unbedingt täglich ein Steak essen will. Selbst wer gern und viel Milch trinkt, wird an dem Mehrpreis für Bio-Milch nicht bankrott gehen. Menschen haben schon immer Fleisch gegessen und dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Es gibt aber keinen Grund, die Tiere vorher leiden zu lassen.
Autorin: Elke Liermann, Platinnetz-Redaktion
Datum: 23. März 2010