Was ist der Sinn des Lebens? Diese Frage stellt sich früher oder später jeder einmal. Sei es ausgelöst durch eine große Veränderung wie etwa das Erreichen des Ruhestandes, durch einen Verlust oder ein anderes einschneidendes Erlebnis. Die Antworten auf diese Frage sind so individuell wie die Frager selbst.
Für viele stellt sich die Frage nach dem Sinn des Lebens, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt, das sich nicht zufriedenstellend in das eigene Sinnsystem integrieren lässt. Wenn Enttäuschung, Krankheit, Verlust oder eine einschneidende Veränderung der Lebensumstände die Frage nach dem „Warum“ aufwerfen. Für die Frage nach dem Sinn des Lebens kann es entsprechend der Vielfalt der Menschen keine allgemeingültige Antwort geben.
Der Sinn des Lebens ist veränderlich
Eine Studie der Universität Hohenheim zum Thema „Spiritualität in Deutschland“ ergab, dass 15 Prozent der Deutschen aktiv nach der eigenen Mitte oder einem spirituellen Sinn des Daseins suchen. Dabei ändert sich die Definition dessen, was als sinnerfülltes Leben empfunden wird, ständig. Seit 1974 befragt das Allensbach-Institut für Demoskopie die Deutschen danach, was sie als Sinn des Lebens empfinden. 1974 antworteten lediglich 26 Prozent der Westdeutschen, dass der Sinn des Lebens im Genuss bestehe. Bis 2001 stieg der Anteil der Genussmenschen auf satte 52 Prozent. Gleichzeitig sank die Zahl derer, deren Lebenssinn darin besteht, sich für andere einzusetzen rapide. 2009 lag der Anteil der so genannten Alltagspragmatiker, denen die Frage nach dem Sinn des Lebens schlicht fremd ist, bei rund 40 Prozent. Damit scheint der Sinn des Lebens für immer mehr Menschen ausschließlich im eigenen Glück zu liegen. Fragen nach großen Zusammenhängen und das Ideal, mit dem eigenen Leben zur Verbesserung der Gesellschaft beizutragen, treten vermehrt in den Hintergrund.
Der Sinn des Lebens aus philosophischer Sicht
Die Idee, dass der Sinn des Lebens darin besteht, glücklich zu sein, ist nicht neu. Schon in der Antike sahen viele den Sinn des Lebens darin, Glückseligkeit zu erlangen. Uneinigkeit bestand aber darüber, wie Glück definiert werden soll. So bedeutete Glück für die Stoiker, sich durch nichts aus der Ruhe bringen zu lassen, sondern alle Wechselfälle und Widrigkeiten des Lebens in sprichwörtlich stoischer Ruhe zu akzeptieren. Aristoteles dagegen war der Ansicht, dass der Mensch wahres Glück nur durch wissenschaftliches Forschen und Philosophieren erreichen könne.
Im stark christlich geprägten Mittelalter sah man das absolute Glück und den Sinn des Lebens darin, Gott nachzufolgen so gut man konnte. Grob gesagt bestand für die Menschen des Mittelalters der Sinn des irdischen Lebens darin, Gottes Gebote zu befolgen und dadurch das ewige Leben vereint mit Gott zu erlangen.
Durch die Aufklärung im 18. Jahrhundert begann die Philosophie, diese Definition von Glück zu hinterfragen. Der Mensch sollte sich nicht auf ein besseres Leben nach dem Tod oder die Anweisungen einer höheren Instanz verlassen, sondern selbst die Verantwortung für sein Leben übernehmen. Er sollte sich seines eigenen Verstandes bedienen, um einen Sinn im Leben zu finden. Immanuel Kant vertrat die Ansicht, dass sich wahre Zufriedenheit und Glück nur durch ein selbstbestimmtes, freies Leben erreichen ließe.
Der moderne Hedonismus schließlich sieht den Lebenssinn in der Befriedigung von Bedürfnissen und im Erleben sinnlicher Lust. Betrachtet man die Umfrage-Ergebnisse aus 2009, liegt der Hedonismus damit voll im Trend, denn immerhin 68 Prozent der Deutschen gaben als Sinn des Lebens an, es zu genießen. Womöglich tritt der Genuss deshalb so stark in den Vordergrund, weil die Anforderungen, die im Alltag und bei der Arbeit gestellt werden, so hoch sind, dass man sich in seiner Freizeit nur noch auf sich und sein eigenes Glück konzentrieren möchte. Im Alltag hat man zu funktionieren, egal ob die eigene Tätigkeit als sinnvoll empfunden wird oder nicht. In der Freizeit steht dann das eigene Ich im Mittelpunkt. Das Streben nach mehr Lebensqualität bekommt immer mehr Bedeutung.
Spiritueller Sinn des Lebens
Auch die Religionen bieten Orientierungshilfen auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. In den letzten Jahren beschäftigen sich immer mehr Menschen mit der Suche nach der eigenen Mitte und einem spirituellen Sinn des Daseins jenseits des Genusses. Viele suchen Rat und Hilfe in einer der christlichen Kirchen. Aber auch Buddhismus, Hinduismus und Naturreligionen liegen im Trend. Man versucht durch Yoga und Meditation zur eigenen Mitte zu finden, reinigt und aktiviert seine Chakras und führt Aura-Reinigungsrituale durch.
Folgt man dem Buddhismus, besteht der Sinn des Lebens darin, den Kreislauf von Geburt und Wiedergeburt zu durchbrechen und schließlich ins Nirvana einzugehen. Nur durch die völlige Aufgabe der Gier nach Leben, Macht und Lust könne der Mensch dieses Ziel erreichen. Um diese vollkommene Erleuchtung zu erreichen, benutzt der Buddhismus die Meditation.
Auch im Hinduismus gibt es den Kreislauf von Tod und Wiedergeburt. Für Hindu liegt der Sinn des Lebens darin, möglichst viel gutes Karma anzuhäufen, um so bei der nächsten Wiedergeburt in ein möglichst gutes Leben hinein geboren zu werden. Ziel ist die persönliche Erlösung durch Erleuchtung und ein Aufgehen im kosmischen Bewusstsein. Auch für den Hinduismus ist die Meditation der Weg zur Erleuchtung.
Den persönlichen Sinn des Lebens finden
Egal, ob man sich an Meditation oder Religion versucht, lieber über das Leben philosophiert oder es einfach nur nimmt wie es kommt: Jeder muss seinem Leben selbst einen eigenen Sinn geben. Man kann sich Anregungen und Denkanstöße holen, doch man wird niemanden finden, der einem sein Leben mit Sinn füllt.
Ein guter Anfang bei der Sinnsuche ist es, sein Leben aktiv zu gestalten, denn für die meisten Menschen ist ein aktives Leben ein glückliches, ausgefülltes Leben. Gesundheit, Liebe, Freunde und eine Arbeit, die den eigenen Neigungen entspricht, gehören für viele unabdingbar zum Glück dazu. Hilfreich ist es auch, Dinge und Menschen in der eigenen Umgebung so zu akzeptieren, wie sie nun mal sind. Das schließt auch die eigene Person mit ein! Selbsthass ist der beste Weg, dauerhaft unglücklich zu werden. Es gibt immer Menschen, die gesünder, schlanker, schöner, schlauer, erfolgreicher sind als man selbst. Es ist besser, nach den eigenen Vorstellungen zu leben und den anderen zu gönnen, was sie haben. Und, um noch einmal die Philosophie zu bemühen: “Laufe nicht der Vergangenheit nach und verliere dich nicht in der Zukunft. Die Vergangenheit ist nicht mehr. Die Zukunft ist noch nicht gekommen. Das Leben ist hier und jetzt.“ (Buddha)
Autorin: Elke Liermann, Platinnetz-Redaktion