Schon seit einigen Jahren gibt es in Hamburg die Ausstellung „Dialog im Dunkeln“. Die Idee der Ausstellung ist es, Sehende in die Welt der Dunkelheit einzuladen. Unter Führung blinder Menschen begeht man die Ausstellungs-Räume. Im Dunkeln durchwandert man zum Beispiel nachgebaute Teile einer Stadt, eines Parks oder eine komplette Bar.
Möglichst real wird das Erlebnis durch zusätzliche Einflüsse wie etwa Wind, Geräusche und Gerüche. Was für jeden sehenden Menschen eine Herausforderung bietet, ist für blinde Menschen dagegen Alltag. Das führt zu einer neuen Rollenverteilung: Der Sehende gibt sich vertrauensvoll in die Hände eines blinden Menschen. Dieser wiederum erlebt ein, für manche ganz neues, Gefühl der Stärke und Verantwortung. „Dialog im Dunkeln“ ist somit auch zu einem wichtigen Arbeitgeber für viele blinde Menschen auf der Welt geworden. Die Ausstellung gibt es nämlich nicht nur in Hamburg, sondern zeitlich begrenzt in zahlreichen Städten der Welt.
Besuch der Ausstellung im Dunkeln
Da die Besucher der Ausstellung in kleinen Gruppen von einem Guide geführt werden, ist eine Voranmeldung nötig. Obwohl sich die Ausstellung auf einem riesigen Areal befindet, kann sie aufgrund der Besonderheit der völligen Dunkelheit nur von einer begrenzten Anzahl von Menschen gleichzeitig besucht werden.
Zu Beginn der Ausstellung ist die größte Herausforderung, sich auf die ungewohnte Dunkelheit einzulassen. Die Stimme des Guide weist einem den Weg. Das verhindert aber nicht, dass sich so mancher Besucher in einem Busch oder sogar in einem kleinen Bachverlauf wiederfindet. Zu ungewohnt ist die Orientierung mit Blindenstöcken, die man am Anfang des Besuchs, zusammen mit einer kleinen Einweisung, ausgehändigt bekommt. Für viele ist die Dunkelheit anfangs mit einem Gefühl der Angst verbunden, die sich aber im Laufe der Zeit bei den meisten wieder legt. Die Unsicherheit weicht bei manchen sogar der Abenteuerlust und sie versuchen, sich abseits der Gruppe zurecht zu finden.
Außerdem heißt es sich auf alle übrigen Sinne zu verlassen: Wie hören sich meine Schritte an, befinde ich mich noch auf dem Kiesweg oder schon daneben im Gras? Später in der Stadt gilt es dann zum Beispiel, Obstsorten an der Form und dem Geruch zu erkennen. Eine neue Herausforderung, die ganz unterschiedlich gemeistert wird.
Die schwerste Aufgabe wartet am Schluss der Ausstellung: Hier gilt es, in einer Bar mit all ihren Geräuschen klar zu kommen. Da weiß der eine oder andere tatsächlich nicht, wie er unfallfrei etwas bestellen und dann auch noch trinken soll.
Alle diese ungewohnten Erlebnisse lassen wohl das Verständnis für blinde Menschen wachsen. Denn diesen gelingt es mühelos durch Konzentration auf die übrigen Sinne in der Dunkelheit klarzukommen.
Seminare und Trainings im Dunkeln
Der Besuch des „Dialog im Dunkeln“ ist aber nicht nur für den Einzelnen interessant. Zusätzlich werden Seminare für Firmen angeboten, die zu einer neuen Form der Kommunikation innerhalb des Unternehmens beitragen sollen. Hat man nämlich erst einmal die Arbeitskollegen im Dunkeln erlebt, wo sich alle gleich unsicher und überfordert fühlen, kann dieses Erlebnis später positive Auswirkungen auf das Zusammenarbeiten haben.
Egal mit wem Sie diese Ausstellung besuchen, es wird auf jeden Fall ein Stück weit Ihr Leben verändern. Viele Besucher beschreiben ihren Besuch der Ausstellung als einschneidendes Erlebnis und erinnern sich auch Jahre später noch an den Namen ihres Guides.
Autorin: Dorothee Ragg, Platinnetz-Redaktion