Nach der Buchveröffentlichung von Ilse Bibertis Bestseller, wurde sie in die Büchersendung "Fröhlich Lesen" bei der Moderatorin Susanne Fröhlich eingeladen. Dort lernte sie auch Henning Scherf kennen.
Susanne Fröhlich stellte mein Buch Hilfe, meine Eltern sind alt vor, in dem ich unsere Erfahrungen in den ersten 365 Tagen, ab dem Schlaganfall bis zum ersten Jahrestag, beschrieben hatte. Sie fragte mich, wie alles begonnen habe.
»Plötzlich und unerwartet …«, erzählte ich: »… Ich saß bei einem Produzenten, und wir schwelgten gerade in Mordfantasien für einen neuen Krimi, als ein Anruf meines Vaters uns unterbrach: ›Illlsseeeeeeeeeeeeee, wir müssen deine Mutter abgeben, sie ist verrückt geworden!‹«
Meine Mutter hatte im Mai 2005 einen Schlaganfall. Seitdem arrangierte ich mein Leben um die Versorgung meiner Eltern, holte meine Mutter wieder nach Hause. Später, im September 2005, hatte ich einen Fahrradunfall: Sprunggelenkbruch. Ich zog, der Not gehorchend und wirklich (!) nicht dem eigenen Triebe, wieder bei meinen Eltern, in mein »Elternhaus«, eine Etagenwohnung in Berlin Steglitz, ein. Zunächst auf das Sofa im Wohnzimmer, später in mein altes Kinderzimmer.
Nach der ersten Woche täglich 24 Stunden vor Ort hatte ich das wahre Ausmaß ihrer Hilfsbedürftigkeit begriffen. Als ich meine Eltern ›nur‹ besucht hatte, ging ich meist nach drei Stunden, weil sie dann müde waren. Dass sie dann aber in meiner Abwesenheit nur gelegen und gedöst hatten, einfach still waren, bis der Nächste kam, war mir nicht bewusst gewesen. Der Schlaganfall hatte das Sprachzentrum meiner Mutter zerstört, mein Vater war extrem schwerhörig. Er kann nicht hören, sie kann nicht sprechen. Ich wurde ihre Übersetzerin. In der Folge brach bei meinem Vater die Alzheimer-Krankheit durch.
Henning Scherf fragte mich, was wir lernen mussten, um mit der Situation zurechtzukommen. Ich berichtete von unserer neuen Liebesqualität zueinander, aber auch von unserer Wut, unserem Versagen, unserer Angst, Aggression, Verzweiflung. Gerettet hatte uns immer wieder unser Humor. Henning Scherf machte mir Mut: »Durch diese tiefe Erfahrung werden Sie ganz andere künstlerische Inhalte für Ihre Arbeit finden.« Ich war skeptisch, so hatte ich das noch nicht gesehen. Seine Anteilnahme stärkte mich. Es sollte eine Nachwirkung haben.
Ilse Biberti, Henning Scherf (2009): Das Alter kommt auf meine Weise. Lebenskonzepte heute für morgen. Südwest Verlag. S. 13 bis 15.