„Manchmal träume ich noch immer davon, dass das alles nicht wahr ist.“ Beate (56) schaut regungslos aus dem Fenster in ihren Garten, in dem gerade ein heftiges Unwetter tobt. Seit zehn Jahren lebt sie nun mit ihrer Krankheit, aber so richtig abgefunden hat sie sich noch immer nicht mit ihrem Schicksal.
Beate leidet an Fibromyalgie. Einer Krankheit, die nach dem heutigen Stand der Medizin nicht heilbar ist und deren Ursachen nach wie vor nicht eindeutig geklärt sind. „Eigentlich komme ich mittlerweile gut klar mit meiner Situation, aber in manchen Momenten resigniert man einfach.“
Ursache für Fibromyalgie unbekannt
Eine Fibromyalgie ist ein nicht-entzündliches Syndrom, das starke Schmerzen verursacht. Rund zwei Prozent der Bevölkerung leiden an dieser Erkrankung, die zwar in jedem Alter auftreten kann, jedoch gehäuft zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr diagnostiziert wird. Tritt sie im Erwachsenenalter auf, sind Frauen vier bis sechs Mal häufiger betroffen. Zur Entstehung einer Fibromyalgie existieren verschiedene Theorien. Einige Mediziner vermuten, dass Infektionen oder eine mangelnde Sauerstoffversorgung aufgrund von Durchblutungsstörungen die Erkrankung auslösen. Andere gehen davon aus, dass psychosomatische Ursachen oder Verletzungen, die das Zentrale Nervensystem beeinträchtigen, verantwortlich für die Beschwerden sind.
Diffuse Beschwerden
Von einer Fibromyalgie betroffene Menschen klagen über eine stark erhöhte Schmerz- und Druckempfindlichkeit. Hinzu kommen Schlafstörungen, begleitet von chronischer Müdigkeit. Obwohl Gelenke, Knochen und Muskeln keine sichtbaren Schädigungen aufweisen, verursachen sie chronische und schwer einzuordnende – diffuse – Schmerzen. Kälte, Nässe und starke körperliche Belastungen verschlimmern die Beschwerden. Zur Diagnose einer Fibromyalgie übt der Arzt mit dem Daumen Druck auf 18 genau festgelegte Druckpunkte aus. Klagt der Patient bei elf dieser Punkte schon bei leichtem Druck über starke Schmerzen, geht der Arzt von einer Fibromyalgie aus.
Mittlerweile ist es zehn Jahre her, seit sich Beates Leben innerhalb kürzester Zeit veränderte. „Eigentlich war ich immer sehr fit für mein Alter, doch irgendwann begannen diese Muskel- und Gelenkschmerzen. Mein Arzt konnte keine Ursache feststellen und empfahl mir, mich vorerst körperlich zu schonen.“ Weiteren Besuchen bei ihrem Hausarzt, die ohne Ergebnis blieben, folgte eine Reihe von Untersuchungen bei Sportmedizinern und Orthopäden, bis schließlich die Diagnose Fibromyalgie fest stand. „Einerseits war ich über die Diagnose erschrocken“, sagt sie heute, „andererseits war ich froh darüber, endlich eine Begründung für meine mittlerweile monatelangen Beschwerden zu haben“.
Zu diesem Zeitpunkt war die gelernte Einzelhandelskauffrau bereits seit einem Vierteljahr krank geschrieben. Die starken Schmerzen machten es ihr unmöglich, ihren Beruf auszuüben. Auch ihre sportlichen Aktivitäten – sie ging damals zwei- bis dreimal in der Woche schwimmen – musste sie aufgeben. „An diesem Punkt dachte ich, ich halte das nicht durch.“ Doch sie hielt durch – und gewann mit Hilfe eines spezialisierten Arztes und einer auf sie abgestimmten Medikation ein Stück der verlorenen Lebensqualität zurück. Auch eine kognitive Verhaltenstherapie half ihr, mit ihren Beschwerden besser umzugehen.
Die Hoffnung bleibt – auch bei Fibromyalgie
Heute hat Beate wieder Mut gefasst und hofft, dass ihre Schmerzen eines Tages nachlassen werden. Denn genau so unerwartet, wie die Krankheit erscheint, kann sie auch wieder verschwinden. Nach den ersten, harten Monaten ihrer Erkrankung begann sie schließlich wieder, halbtags in einer kleinen Boutique zu arbeiten. „Ich bekomme mein Leben ganz gut in den Griff, auch wenn ich manchmal natürlich beeinträchtigt bin. Zum Glück habe ich meinen Mann und meine beiden wundervollen Kinder, die mich unterstützen und mich schon so oft aufgebaut haben, wenn ich resigniert war.“
Autor: Torben Riener, Platinnetz-Redaktion