Keine Frage: Der Mensch ist ein sexuelles Wesen, und Sex dient nicht nur dem Zwecke der Fortpflanzung. Sexualität erfolgt auch aus einem natürlichen Bedürfnis, sich Genuss und Befriedigung zu verschaffen. Wird der Sexualtrieb allerdings zu einer Sucht, kann er zu erheblichen Problemen führen.
Der Suchtcharakter der Hypersexualität: Sex ohne Befriedigung
Anders als eine freizügig und offen gelebte Sexualität ist die Hypersexualität ein behandlungsbedürftiges Krankheitsbild. Ebenso wie die Kauf- oder Spielsucht gilt sie als nicht-stoffgebundene Abhängigkeit und ruft, wie die meisten Süchte, einen großen Leidensdruck bei den Betroffenen hervor. Obwohl Sexsüchtige ihre „Dosis“, also die Häufigkeit oder Art ihrer sexuellen Aktivitäten, stetig steigern, bleibt die Befriedigung aus. Ein Teufelskreis beginnt: Die Suche nach sexueller Erfüllung wird zu einer fixen Idee, erlangt oberste Priorität, kann schließlich alle Gedanken beherrschen. Die Familie, der Beruf und die sozialen Kontakte werden oftmals vernachlässigt, was zu weiteren Problemen führt.
Sexsucht – woran kann man sie erkennen?
Die wichtigsten Merkmale einer sexuellen Abhängigkeit können folgendermaßen zusammengefasst werden:
- Die sexuellen Aktivitäten bekommen einen immer höheren Stellenwert und verdrängen andere Interessen
- Progressiver Verlauf bzw. „Dosissteigerung“ der sexuellen Aktivitäten: Für die Stimulation werden immer größere und/oder häufigere Reize benötigt
- Kontrollverlust entsteht, das Verhalten wird immer weniger steuerbar
- Fortsetzen der sexuellen Aktivitäten, trotz (möglicher oder eingetroffener) negativer Konsequenzen
Die Jagd nach sexueller Befriedigung
Aus Angst vor den Konsequenzen und aus Scham gehen viele Betroffenen ihren sexuellen Aktivitäten heimlich nach. Neben häufiger Masturbation und dem Konsumieren von Pornografie zeichnet sich hypersexuelles Verhalten auch durch Promiskuität, häufige Sexualkontakte, aus. Dabei werden oftmals möglichst anonymisierte Formen der Sexualität gewählt, wie sie in Bordellen, Swinger-Clubs oder bei Treffen in Parks geboten werden. Suchen die Betroffenen ihr Heil in derartigen Etablissements, droht ihnen Verschuldung. Die permanenten Heimlichtuereien und Lügen lösen tiefe Schuldgefühle aus. Die Erkenntnis, dass das eigene Verhalten nicht oder nur noch eingeschränkt steuerbar ist, führt oftmals zu Resignation oder Selbstabwertung. Und trotz möglicher oder schon fühlbaren negativen Konsequenzen: Wie bei allen Süchten fällt der Ausstieg schwer.
Sexsucht – Hilfe finden
Ohne professionelle Hilfe und Unterstützung ist es für Betroffene schwierig, ihr süchtiges Verhalten zu kontrollieren und Zugang zu einer gesunden Sexualität zu bekommen. Auch, weil nicht selten neben dem Krankheitsbild Hypersexualität noch eine weitere Sucht besteht. Neben der Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe für Sex- oder Liebessüchtigen ist eine therapeutische Behandlung die aussichtsreichste Form, um die Sucht in den Griff zu bekommen.
Autorin: Kerstin Brenig, Platinnetz-Redaktion