Die Kirche bildet in vielen Städten das Zentrum. Sie ist ein Symbol für den tiefen Glauben unzähliger Generationen und gleichzeitig ein imposantes Zeichen für kirchliche und weltliche Macht. Im Laufe der Jahrhunderte sind in ganz Europa faszinierende Bauwerke entstanden, die einen Besuch wert sind.
Deutschland ist berühmt für seine schönen Kirchen. Egal ob man an den Kölner Dom, das Ulmer Münster oder die Frauenkirche in Dresden denkt – jede dieser Kirchen ist ein weltweit bekanntes Denkmal und irgendwann hat man sie schon einmal besucht. Aber kennen Sie auch die schönsten Gotteshäuser im Ausland?
Eine Kirche für alle Christen: Der Petersdom in Rom
Zwar ist der Petersdom nicht die wichtigste Kirche in der Hierarchie des Vatikans, denn diese Rolle bleibt der Lateranbasilika vorenthalten, dem Sitz des Bischofs von Rom. Aber die exponierte Lage des Petersdoms inmitten des Kirchenstaates und das Fassungsvermögen – 60.000 Menschen finden in der Peterskirche Platz – machen sie zum herausragenden Symbol der Christenheit. Der heutige Petersdom steht an der Stelle, an der schon im 4. Jahrhundert ein Gotteshaus zum Andenken an Petrus, dem Vorgänger aller Päpste, errichtet wurde. Die Geschichte des Petersdoms ist von tragender Bedeutung und das sieht man der Kirche auch an. Wer den Dom betritt, der kann am Anfang nur noch staunen. Prächtige Wandmalereien, barocke Verzierungen und das Bodenmosaik überwältigen durch ihre Schönheit. Obwohl der Petersdom eine der größten Kirchen der Welt ist, fühlt man sich in der riesigen Basilika nie klein und unbedeutend. Wenn dann Licht durch die Fenster in den Dom hinein scheint, kommt beim Besucher fast eine mythische Stimmung auf und macht die große Bedeutung des Petersdoms spürbar.
Eine Kirche für Könige und Künstler: Die Westminster Abbey in London
Bei einer Sightseeing-Tour durch London kommt man mit ziemlicher Sicherheit an der Westminster Abbey vorbei. Denn die wuchtige Abtei steht in direkter Nachbarschaft zum Big Ben und den Houses of Parliament, die aus dem Stadtbild Londons nicht wegzudenken sind. Die Kirche ist eine der bedeutendsten Gotteshäuser Englands, da hier traditionell Könige gekrönt und bestattet werden und die Abtei auch als Schauplatz für prunkvolle Hochzeiten der Royals dient. Die Westminster Abbey ist aber neben ihrem imposanten gotischen Stil auch sehenswert wegen ihrer zahlreichen weltlichen Bezüge. In der Poet’s Corner, der „Literaturecke“, haben beispielsweise viele Autoren ihre letzte Ruhe gefunden. Skulpturen und Gedenktafeln sind Schriftstellern wie Charles Dickens oder Rudyard Kipling gewidmet. Sogar Wissenschaftler, die in der Vergangenheit so oft als Feinde des Katholizismus betrachtet wurden, werden in der Westminster Abbey gewürdigt, so wie der Naturforscher Charles Darwin. Die Westminster Abbey ist eine Kirche, in der das Zusammenspiel von religiöser und weltlicher Funktion der Gotteshäuser zu sehen ist.
Eine Kirche als Nationalheiligtum: Der Stephansdom in Wien
Wie ein Fingerzeig nach oben prangt der Stephansdom über den Dächern von Wien. Ganz im Stil der gotischen Bauten wollten die Kirchenbaumeister mit ihren Gotteshäusern näher zu Gott – und strebten mit ihren Bauten gen Himmel. Doch bei all der religiösen Bedeutung ist der Stephansdom in Österreich zu einem richtigen Nationalheiligtum geworden. Seine Entstehung fällt in die Herrschaftszeit der Habsburger und wurde schon damals als Symbol von Macht inszeniert. Das Bauwerk wurde seitdem ständig erweitert und umgebaut, heute trägt der Dom Zeichen der verschiedensten Epochen österreichischer Geschichte. Das Innere ist in Brauntönen gehalten und mit prächtigen Schmuckelementen aus Barock und Mittelalter ausgestattet. Als Besucher kann man in und am Stephansdom nicht nur religiöse, sondern auch ungewöhnlich viele weltliche Herrschaftszeichen entdecken. Selbst auf dem Dach prangen der österreichische Reichsadler und das Wiener Wappen. Als der Stephansdom im zweiten Weltkrieg zerstört wurde, kamen Helfer aus dem ganzen Land nach Wien, um den Dom wieder aufzubauen. Daher wird der Stephansdom umso mehr als Wahrzeichen nicht nur der Hauptstadt, sondern von ganz Österreich betrachtet.
Zu Unrecht vernachlässigt: Sacre-Cœur in Paris
Die Basilika Sacre-Cœur steht zwar etwas im Schatten der weltberühmten Kirche Notre-Dame de Paris – aber sie zählt trotzdem zu den schönsten Gotteshäusern in Europa. Die Kirche ist außen ganz in weiß gehalten, beeindruckt mit ihren vielen Kuppeln – und wurde daher oft mit dem abschätzigen Begriff „Zuckerbäckerstil“ betitelt. Weitere negative Reaktionen rief die Kirche in der Vergangenheit wegen ihrer Anlehnung an den byzantinischen Stil hervor. Und tatsächlich: Wenn man Sacre-Cœur betritt, kommt man sich fast vor wie in einer orientalischen Moschee, was im 19. Jahrhundert nicht den Geschmack der Gläubigen traf. Ganz anders als die fragilen und streng nach oben gerichteten Kirchenbauten der Gotik und in den gedrängten Bauten der Romanik sorgt in der Basilika ein offen und klar gestalteter Raum für das Gefühl von Weite und hinterlässt somit einen ganz anderen Eindruck als die üblichen Kirchenbauten. Sacre-Cœur ist eine Wallfahrtkirche und wer sie besuchen will, muss erst auf den Montmarte hinaufsteigen, auf dem sie über Paris thront. Man kann aber auch mit einer Seilbahn hinauffahren und von der Basilika aus auf das Pariser Künstlerviertel blicken.
Außergewöhnliches Bauwerk: Die Sagrada Familia in Barcelona
Eine der spektakulärsten Kirchen in Europa ist die Sagrada Familia, die in Barcelona vom Architekten Antoni Gaudi 1882 entworfen wurde, die aber noch immer nicht fertig gestellt ist. Dass der Bau so lange dauert wundert nicht, wenn man die Kirche besucht. Denn ganz im Stile des katalanischen Architekten sind es die verspielten Details, die die Kirche zu einem ganz außergewöhnlichen Bauwerk machen. Die Fassaden sind geschmückt mit modernen Darstellungen aus dem Leben Jesu, umrankt von barocken Schmuckornamenten, andere Stellen deuten eine Tropfsteinhöhle an. In der Sagrada Familia gibt es nicht wie in normalen Gotteshäusern Symmetrie oder Geradlinigkeit. Die Kirche mutet vielmehr organisch an, wenn beispielsweise die tragenden Säulen an einen Wald erinnern oder die Türme wie die Waben eines Bienenstocks aussehen. Wann die Kirche fertig gestellt sein wird, kann man heute nur schätzen, da sie aus Spendengeldern finanziert wird. Aber auch die „Baustelle“ Sagrada Familia ist einen Besuch wert, denn man kann die Kirche nicht nur zu großen Teilen besichtigen, sondern auch den Steinmetzen direkt bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen.
Autorin: Julia Heilig, Platinnetz-Redaktion