Ob aus eigener Schuld, Leichtgläubigkeit oder völlig unverschuldet: Wer hohe Schulden hat, muss sein Leben umstellen, um aus dem Schuldensumpf hinaus zu kommen. Der Schritt in die Privatinsolvenz fordert Überwindung. Aber was, wenn man keine Wahl mehr hat?
„Ich bin als Bürgin für einen guten Freund eingesprungen. Leider ging sein Laden pleite. Jetzt sitze ich auf einem riesigen Schuldenberg.“ So erging es Monika (45) aus Köln. Die Beamtin hat nun Schulden in Höhe von 120.000 Euro und war zunächst vollkommen hilflos. „Ich habe Existenzangst bekommen“, erzählt sie. Eine Freundin riet Monika, zur Schuldenberatung zu gehen und danach wusste sie: Ich muss Privatinsolvenz anmelden. „Das ist zwar nicht schön und die nächsten Jahre werden sicher sehr schwer, aber ich habe wenigstens wieder eine Perspektive.“
Was ist Privatinsolvenz?
Privatinsolvent können sich Privatpersonen wie auch ehemalige Selbstständige und Kleingewerbetreibende, die weniger als 20 Gläubiger und keine Verbindlichkeiten aus Beschäftigungsverhältnissen mit Arbeitnehmern haben, melden. Das Insolvenzverfahren soll hoch verschuldeten Verbrauchern helfen, nach einer gewissen Zeit einen Neuanfang ohne Schulden machen zu können. Meist werden sie nach Ablauf des Insolvenzverfahrens, aber frühestens sechs Jahre nach dessen Eröffnung, von der Pflicht zur Tilgung der restlichen Schulden erlöst. In Zusammenarbeit mit einem Schuldnerberater wird ein Plan erstellt, der vorgibt wie man raus aus den Schulden bei den verschiedenen Gläubigern kommt. Etwa sechs Jahre lang muss der Schuldner sämtliche finanzielle Daten aufdecken. Er darf weder Kredite aufnehmen, noch Einkünfte verschweigen und ist verpflichtet jede zumutbare Arbeit anzunehmen. Der Großteil seiner Einkünfte fließt zu festgelegten Teilen in die Schuldentilgung, er selbst erhält lediglich einen sehr kleinen Teil des Geldes für sich.
Was muss man machen, um raus aus denSchulden zu kommen?
„Besonders erleichtert war ich, als ich erfahren habe, dass das Insolvenzverfahren einen davor bewahren kann, vor Gericht zu müssen“, sagt Monika. So geht es vielen Schuldnern. Sie müssen zunächst versuchen, sich mit ihren Gläubigern außergerichtlich zu einigen. Der Schuldner zeigt den Schuldenbereinigungsplan, den er mit Hilfe des Beraters erstellt hat, seinen Gläubigern. Sind die mit den vereinbarten Konditionen wie etwa Ratenzahlungen einverstanden, kann man den Antrag auf Insolvenz einreichen. Willigt jedoch nur ein einziger Gläubiger nicht ein, dann scheitert der komplette Einigungsvorschlag und alles weitere muss gerichtlich geklärt werden. Findet eine Einigung statt, muss der Schuldner sich strikt an die Verabredungen halten. Im Gegenzug verzichten die Gläubiger dann auf die restlichen Forderungen. Für sie ist das Insolvenzverfahren oft die einzige Chance, um von einer mittellosen Privatperson überhaupt noch Anteile ihres Geldes zurück zu erhalten.
Ist der Antrag auf Insolvenz eingereicht, wird zunächst geprüft, ob der Schuldner in irgendeiner Form über pfändbares Vermögen verfügt. Nachdem die letzten Wertobjekte zu Geld gemacht wurden, wird der Ertrag unter den Gläubigern verteilt. Das Verfahren selbst kostet den Schuldner zusätzlich 1200 Euro an Verwaltungskosten.
Raus aus den Schulden
Hat der Schuldner sich sechs Jahre lang zuverlässig an den Schuldenbereinigungsplan gehalten und keine Verstöße begangen, spricht das Gericht ihn von seinen Restschulden frei. Verstöße sind etwa:
- rechtskräftige Verurteilung des Schuldners aufgrund einer Insolvenzstraftat.
- falsche Angaben über wirtschaftliche Verhältnisse, um Leistungen und Kredite zu erhalten oder Zahlungen auszusetzen.
- Verschwendung von Vermögen und somit unnötig gemachte Schulden.
- Verletzung von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten.
- Erhalt oder Versagung einer Restschuldbefreiung innerhalb der letzten zehn Jahre
Er darf zum Beispiel auch kein Erbe, solange es ihm keine neuen Schulden bringt, ausschlagen. Er muss es annehmen und zur Schuldentilgung mitverwenden. Neue Schulden, die während des Verfahrens gemacht werden, werden im Verfahren nicht berücksichtigt und bestehen also auch nach den sechs Jahren weiter. Hat der Schuldner sich vorbildlich verhalten ist er zwar seine Schulden los, doch besitzt er langfristig keine Kreditwürdigkeit mehr – das Verfahren wird per SCHUFA-Eintrag in seinen Akten dokumentiert. Er wird also in Zukunft Schwierigkeiten haben zum Beispiel Handy-Verträge abzuschließen oder Kredite aufzunehmen. Ein Girokonto wird er nur noch auf Guthabenbasis führen können.
Die Privatinsolvenz ist für hoffnungslos Hochverschuldete wie Monika eine sehr gute Gelegenheit finanziell wieder ins Reine zu kommen und in absehbarer Zeit ein schuldenfreies Leben führen zu können. Die Konsequenzen die allerdings die absolute Offenlegung der privaten Finanzen und der SCHUFA-Eintrag mit sich bringt, wird ihn auch langfristig noch belasten. Deshalb sollte eine Regelentschuldung, falls sie irgend möglich ist, immer einer Privatinsolvenz vorgezogen werden.
Autorin: Anne Bartel, Platinnetz-Redaktion