Früher gab es in Liebesdingen eine eindeutige Rollenverteilung und klare Regeln für den Umgang miteinander. Die Dame wartete darauf, vom Herrn angesprochen zu werden und die Sache nahm ihren Lauf. Heute haben sich die Rollen geändert und viele sind unsicher, wie sie sich verhalten sollen.
Es ist aber auch wirklich nicht einfach. Frauen von heute betrachten sich als gleichberechtigt. Sie möchten unabhängig sein und ihr eigenes Geld verdienen. Sie wollen im Restaurant bezahlen und ihr Auto selbst reparieren können. Gleichzeitig möchten sie die Tür aufgehalten und bei einer Verabredung Rosen geschenkt bekommen. Wie soll „Mann“ sich nun verhalten, wenn er ihr Herz erobern will? Altmodisch als Kavalier, der ihr Rosen bringt? Oder modern ohne Rosen und Anzug? Dafür aber mit ausgefallenen Geschenkideen? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: „Mann“ muss ihre Unabhängigkeit achten und unterstützen und sie gleichzeitig mit Respekt behandeln. Umgekehrt natürlich genauso.
Ein Strauß Rosen und dann ins Restaurant: Früher war alles einfacher
Früher gab es feste Regeln, wie sich ein Kavalier zu verhalten hatte, wenn er das Herz der holden Schönen erobern wollte. Auch sie konnte auf ein Repertoire von „das macht man so“ zurückgreifen: Sie wartet, bis er sie anspricht oder man einander vorgestellt wird. Sie wartet auch, bis er sie einlädt. Er zieht den besten Anzug an, kauft einen Strauß Rosen und holt sie zum Restaurantbesuch ab. Dort bekommt sie die Damenkarte ohne Preise, denn selbstverständlich zahlt er das Menü. Dafür sucht er aber auch aus, was gegessen wird. Er hilft ihr aus dem Mantel und nach dem Essen wieder hinein, er hält ihr die Tür auf und erhebt sich von seinem Stuhl, wenn sie sich die Nase pudern geht.
Heute gibt es keine derartig festgelegten Regeln mehr, wenn man einander näher kennen lernen möchte und wer sich verhält wie vor 30 Jahren, wird die Angebetete sicher nicht beeindrucken. Das soll natürlich nicht heißen, dass Stil und Etikette völlig aus der Mode wären. Im Gegenteil: Wer sich zu benehmen weiß, kommt immer gut an. Voraussetzung ist, dass das Verhalten natürlich und nicht aufgesetzt wirkt.
Die Grundlage guten Benehmens ist der Respekt vor dem Gegenüber. Daraus ergeben sich alle anderen Regeln wie von selbst. Das ist auch die Basis, auf der der selige Freiherr von Knigge seine Regeln im 18. Jahrhundert formuliert hat. Knigges Schrift „Über den Umgang mit Menschen“ ist ein Plädoyer für Toleranz und einen sensiblen Umgang miteinander und kein Regelwerk für angemessenes Benehmen in gehobenen Kreisen. Erst in späteren Jahren wurden Benimm-Ratgeber nach Knigge benannt. Die dort aufgeführten Regeln hatten alle einen Sinn: So durften zum Beispiel Kartoffeln nicht mit dem Messer geschnitten werden, weil die Klinge des Messers mit der Stärke der Kartoffel reagieren und anlaufen würde. Heute passiert das nicht mehr und die Regel ist sinnlos geworden. Das gilt auch für viele Regeln des Liebes- und Beziehungsknigge.
Die Rosen dürfen bleiben
Die Regel, dass Frauen sich passiv verhalten müssen, gilt heute nicht mehr. Auch sie darf das Objekt der Begierde ansprechen und einladen. Die meisten Frauen von heute schätzen es auch nicht besonders, wenn sie nicht selbst auswählen dürfen, was sie im Restaurant essen möchten. Dann zahlen sie lieber die Rechnung selbst. Vorschriften und feste Regeln sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Dagegen sind Gesten, die Respekt ausdrücken, nicht dem Zeitgeist unterworfen. Ihr die Tür auf zu halten, ist reine Höflichkeit. Im Gegenzug kann „Mann“ auch erwarten, von ihr die gleiche Hilfestellung zu bekommen, ohne sich gleich entmannt fühlen zu müssen.
Auch Rosen oder andere Kleinigkeiten sind ein Zeichen der Verehrung und deshalb niemals falsch. Es gibt nur sehr wenige Frauen, die es ablehnen, beschenkt zu werden. Das gilt für Rosen ebenso wie für Pralinen und Schokolade. Bei Parfum dagegen sollte man sehr vorsichtig sein und damit so lange warten, bis man sicher ist, ihren Geschmack zu treffen.
Für die erste Verabredung im Restaurant darf man auch heute noch den besten Anzug aus dem Schrank holen. Sie wird sich ebenso schick machen. Gut auszusehen und sich für den anderen in Schale zu werfen, drückt die Wertschätzung aus, die man für ihn empfindet. Der Abend ist etwas Besonderes und dementsprechend kleidet man sich auch.
Grundsätzlich sind alle Gesten, die aus dem Wunsch geboren werden, dem anderen eine Freude zu machen, für beide Seiten erlaubt. Die Vorstellung, dass der Mann Regie führt und seine Frau beschützen und anleiten muss, sollte man schnell ablegen. Solches Verhalten kommt bei Frauen von heute gar nicht gut an. Raus aus alten Rollenklischees lautet die Devise. Rosen und Anzug dürfen bleiben. „Mann“ darf ihr auch in den Mantel helfen und vielleicht hält sie danach ihm die Tür auf oder steht am nächsten Tag mit Rosen vor seiner Tür.
Autorin: Elke Liermann, Platinnetz-Redaktion