Gestern stand ich in einer Schlange vor einem Schalter und merkte, dass der Mann hinter mir murmelte "So ein Mist! Das dauert ja ewig! Ich geh jetzt!". Das tat er dann doch nicht und je mehr Leute sich hinter ihm anstellten, desto ruhiger wurde er. Das finde ich ein interessantes Phänomen:
Menschen machen ihre Entscheidung `Weiterhin anstellen oder gehen´ nicht nur davon abhängig, wie viele Menschen vor ihnen stehen, sondern auch von der Länge der Schlange hinter sich. Warum ist das so?
Wir neigen dazu, uns mit schlechter gestellten Leuten zu vergleichen, wenn wir mit der eigenen Situation unzufrieden sind. Gedanken wie `Die müssen noch länger warten als ich´ helfen Wartenden, ihren eigenen Frust abzubauen, sich privilegiert zu fühlen – und geduldiger zu werden.
So haben auch die alten Warteschlangen einen Vorteil gegenüber modernen Wartesystemen. Wenn man eine Nummer ziehen muss und an beliebiger Position in einem Raum warten darf, kann man nicht erkennen, wie viele Leute man hinter sich hat. Das heißt, dass man sich auch nicht an der schlechteren Lage der anderen aufrichten kann. In einem Experiment, von dem ich gelesen habe, zeigte sich dementsprechend, dass `Schlangesteher´ besser gelaunt waren und das Warten seltener abbrachen als `Nummernzieher´. Kennen Sie das auch von sich? Steigt Ihre Laune (wieder), wenn Sie sehen, dass die Schlange hinter Ihnen immer länger wird?
verfasst von: Angelika Kallwass am 31.03.2009 um 12:05 Uhr, Quelle: SAT1-Website
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