Wenn Züge eine Stunde im Bahnhof stehen, Beamte eine Stunde mehr arbeiten und Langschläfer voll auf ihre Kosten kommen, ist es wieder mal soweit: Die Uhr wird von Sommerzeit zurück auf Normalzeit gestellt und damit die Diskussion über Sinn und Unsinn der Zeitumstellung wieder aufs Neue entfacht.
Zweimal im Jahr wird der Biorhythmus des Menschen auf eine kleine Probe gestellt. Auch wenn die Meisten die Uhrumstellung gar nicht bemerken, sondern einfach verschlafen, hat der veränderte Tagesrhythmus doch Auswirkungen auf die innere Uhr des Menschen. Während die Zurückstellung auf die Normalzeit im Winter etwa eine positive gesundheitliche Auswirkung auf einige Menschen hat, ist dies bei der Umstellung auf die Sommerzeit gegenteilig. Wie schwedische Forscher herausfanden, sinkt die Zahl der Herzinfarkte jedes Jahr nach der Umstellung auf Winterzeit durchschnittlich um fünf Prozent. Bei Umstellung auf Sommerzeit dagegen, werden nach der verkürzten Nacht 25 Prozent mehr Menschen wegen eines Herzinfarktes ins Krankenhaus gebracht als im Durchschnitt. Das zeigen die DAK-Krankenhaus-Daten, die die Zahlen der Jahre 2006, 2007 und 2008 vergleichen. Doch nicht nur der Mensch gerät aus dem Takt, auch aus anderen Gründen hat die Umstellung der Zeit nicht nur Anhänger.
Warum die Zeit umgestellt wird
Seit 1980 werden die Uhren in Deutschland am letzten Wochenende im März eine Stunde vor und am letzten Wochenende im Oktober wieder eine Stunde zurück gestellt. So auch dieses Jahr vom 24. auf den 25. Oktober 2009 – wie immer in der Nacht von Samstag auf Sonntag um 2 Uhr. Seit 1996 gelten einheitliche Sommerzeitregelungen in der gesamten Europäischen Union.
Die offizielle Begründung für die Einführung der Uhrumstellung und damit der Sommerzeit in Deutschland war die dadurch erhoffte Möglichkeit auf Energieeinsparung. Die Umstellung der Zeit sorgt im Sommer nämlich dafür, dass der Sonnenaufgang im Hochsommer zum Beispiel um 4:30 Uhr Sommerzeit statt 3:30 Uhr Normalzeit stattfindet. Entsprechend verschiebt sich die Uhrzeit des Sonnenuntergangs etwa von 21:15 Normalzeit auf 22:15 Uhr Sommerzeit. Damit passen mehr der helleren Tagesstunden in den durchschnittlichen Tagesablauf eines normalen Deutschen. Er verschläft weniger der frühen hellen Zeit und bekommt mehr mit von den langen hellen Abendstunden, kann also das Tageslicht besser ausnutzen. Durch diese Verlegung des Tagesablaufs in die helleren Stunden sollte eine Energieeinsparung bei der Nutzung von elektrischem Licht erreicht werden. Diese Begründung galt allerdings schon immer als umstritten und so wurde letztlich auch von der Bundesregierung im Jahr 2005 bestätigt, dass das Ziel der Energieeinsparung nicht erreicht werden konnte. Das Umweltbundesamt stellte fest, dass die Einsparung an Strom für die Beleuchtung geringer ist als der gestiegene Energieverbrauch, der in den früheren Morgenstunden durch Heizen zustande kommt. Zudem prognostizierten die Experten, dass der zukünftig vermehrte Einsatz von Energiesparlampen diesen Trend weiterhin vorantreiben werde.
Doch trotzdem werden auch in Zukunft die Deutschen all ihre Uhren zweimal im Jahr umstellen müssen, denn die Europäische Gemeinschaft bestätigte 2007 in Brüssel das Verfahren der Sommerzeit, die damit auch in Zukunft erhalten bleibt. Die Kommission hatte die Mitgliedsstaten aufgerufen, die Auswirkungen der Sommerzeit bis zu diesem Jahr zu untersuchen. Keines der Mitglieder hatte etwas gegen die Umstellung der Zeit vorzubringen. Lettland etwa sprach sogar von einem positiven Nutzen für den Tourismus im Lande, Italien bescheinigte günstige Auswirkungen für Bauern und Bauarbeiter, die in der heißen Jahreszeit früher zur Arbeit können. Nur in den wenigsten Ländern wurde übrigens das Volk nach seiner Meinung gefragt.
Gestörte Abläufe durch Umstellung der Zeit
Je nach Plan können gerade Schichtarbeiter von der Zeitumstellung profitieren oder aber auch benachteiligt werden. Wer in der Nacht, in der die Zeit umgestellt wird arbeiten muss, darf im März eine Stunde kürzer arbeiten. Im Oktober dagegen wird die Schicht eine Stunde länger als üblich und ob diese bezahlt wird, steht dabei nicht immer fest. Zu Problemen kommt es regelmäßig auch bei Berufsgruppen, die bestimmte Ruhezeiten einhalten müssen. Der Rettungsdienst etwa muss 24 Stunden einsatzbereit sein. Pro Nacht haben die Mitarbeiter vier Stunden Ruhezeit, die gesetzlich vorgeschrieben sind. Wird die Zeit im März vorgestellt, bleiben davon jedoch nur drei übrig – nach dem Gesetz zu wenig.
Auch die Bahn leidet unter organisatorischen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Zeitumstellung. Denn entweder die Züge müssen bei Umstellung auf Sommerzeit eine Stunde Verspätung aufholen oder sie stehen Ende Oktober eine Stunde lang samt Reisender in den Bahnhöfen.
Besonders schwer mit der Umstellung der Zeit tun sich jedoch regelmäßig vor allem die Milchkühe. Die stark rhythmusgeprägten Tiere sind an eine ganz bestimmte Melkzeit gewöhnt. Der Ertrag der Milchbauern ist kurz nach der Umstellung der Zeit immer geringer alsim Durchschnitt. Die Kühe brauchen ein bis zwei Wochen, bis sie sich vollständig an den neuen Tagesablauf gewöhnt haben. Die meisten Landwirte verteilen inzwischen die Zeitumstellung für das Melken über mehrere Tage, um so den Stress für die Kühezu mildern.
Es gibt Organisationen, die für eine Abschaffung der Sommerzeit kämpfen, weil sie diese als Eingriff in das Privatleben der Bürger sehen. Diese kann jeder mit seiner Unterschrift gegen die Umstellung der Zeit unterstützen. Die Organisationen beklagen unter anderem, dass es für eine Sommerzeit keine sinnvollen Argumente gebe und die Zeitumstellung von den Bürgern lediglich der Gewohnheit halber hingenommen werde. Doch gerade in den Sommermonaten gibt es viele, die sich über die „länger“ hellen Abendstunden freuen. Doch jeder, der sich für eine der Seiten stark machen möchte, bekommt dazu die Möglichkeit, denn beim Petitionsausschuss des Bundestages liegen zwei Eingaben vor: Eine plädiert für durchgehende „Winter-„, also Normalzeit. Die andere befürwortet das genaue Gegenteil, die durchgehende Sommerzeit. Für diese spricht sich übrigens auch die FDP-Fraktion aus, die eine Initiative für die ganzjährige Sommerzeit starten möchte.
Autorin: Anne Bartel, Platinnetz-Redaktion