Romeo und Julia ist wohl die Liebesgeschichte schlechthin. Shakespeare entfaltet in seinem Drama eine Handlung, wie sie tragischer nicht sein könnte – und wie sie romantischer nicht sein könnte. Denn gerade durch das Fehlen eines Happy Ends beweisen literarische Helden wie Romeo, dass ihre Liebe stärker ist als der Tod.
Romeo steht in der Weltliteratur nicht alleine da, wenn es darum geht, dass eine große Liebe durch den Tod beendet wird. Dabei gibt es die unterschiedlichsten Konzepte der Liebesverwicklungen. Denn auch wenn ein Paar niemals zusammenfindet, kann der tragische Liebesheld das Herz des romantischen Lesers erweichen und ihn tief bewegen. Nur Werke, denen das über ihre Figuren gelingt dürfen sich in die Reihe der Weltliteratur einreihen, so wie zum Beispiel Edmond Rostands Cyrano de Bergerac, Goethes Leiden des jungen Werther oder eben Shakespeares Romeo und Julia.
Shakespeares Romeo und Julia – Liebe über alle Schranken hinweg
Die Geschichte von Romeo und Julia, die den befeindeten Häusern Montague und Capulet angehören und gegen den Willen ihrer Familien ihre Liebe gemeinsam leben wollen, kennt wahrscheinlich jeder. Bei Romeo und Julia kann von Liebe auf den ersten Blick gesprochen werden, die die beiden zwar geheim, aber leidenschaftlich ausleben. Sie können selbst durch ihre unsterbliche Liebe zueinander, die Herzen ihrer verfeindeten Väter nicht erweichen, weshalb Julia einen gefährlichen Plan fasst. Sie nimmt ein spezielles Gift, das sie in einen todesähnlichen Schlaf versetzt, so dass sie in die Familiengruft gebettet wird. Romeo, der über den Plan unterrichtet werden soll, soll sie dann aus ihrem Grab befreien und nachdem sie wieder erwacht ist, mit ihr fliehen, um ein neues und gemeinsames Leben mit ihr beginnen zu können. Doch der Plan nimmt eine tragische Wendung, als Romeo nicht die Nachricht über den geheimen Plan, sondern nur die von Julias Tod erhält. Er besorgt sich tödliches Gift und nimmt es an der Seite der scheinbar toten Julia zu sich. Diese erwacht und findet den toten Romeo vor, woraufhin sie sich selbst das Leben nimmt.
Die Kraft der unbedingten Liebe zwischen Romeo und Julia sorgt dafür, dass Shakespeares Werk wohl für immer eines der romantischsten in der Literatur sein wird. Die durch nichts zu bezwingende oder aufzuhaltende Liebe zwischen Romeo und Julia überschreitet soziale Schranken und Fesseln. Das besonders Tragische daran ist natürlich, dass die Gefühle der beiden Liebenden auch gewonnen hätten, wenn nicht durch eine unglückselige Verwicklung des Schicksals, die Nachricht an Romeo abhanden gekommen wäre. Die beiden hätten gemeinsam fliehen und ihre Liebe leben können. Doch ohne diese Möglichkeit, in der Gewissheit, dass der geliebte Mensch tot ist, wollen beide nicht weiterleben und ziehen den Tod vor. In diesem Höhepunkt wird die Liebe zur ewigen Kraft, die den Tod nicht scheut und selbst über ihn hinaus noch Bestand hat.
Rostands Cyrano de Bergerac – kein klassischer Romeo
Dem Held Cyrano de Bergerac aus Rostands gleichnamigen romantisch-komödiantischem Versdrama gelingt es niemals, seine große Liebe Roxane für sich zu gewinnen. Cyrano ist ein empfindsamer Dichter, der darunter leidet, dass er wegen seiner enorm großen Nase ständig dem Spott anderer ausgesetzt ist. Aus diesem Grund traut er sich auch nicht, Roxane seine Liebe zu gestehen, weil er eine Absage fürchtet. Trotz seiner Liebe, erklärt er sich bereit, dem Schönling Christian von Neuvillette dabei zu helfen, Roxane zu erobern. Er schreibt in seinem Namen Liebesbriefe an die Geliebte und flüstert dem eher tumpen Christian die richtigen Worte ins Ohr, wenn dieser mit Roxane spricht. Christian gewinnt die Geliebte für sich, doch ist er entsetzt als diese ihm gesteht, nun wahrhaft seine Seele und nicht nur sein Äußeres zu lieben. Er begreift, dass er sie getäuscht hat. Cyrano fasst letztendlich den Schluss, Roxane die Wahrheit zu gestehen, doch sieht er im letzten Moment davon ab, als die Nachricht vom Tode Christians eintrifft. Erst 14 Jahre später entdeckt Roxane, die sich in ein Kloster zurückgezogen hat, die Wahrheit. Doch kurz vor Cyranos nächstem Besuch bei ihr, wird er schwer verwundet, so dass er in ihren Armen und im Fieberwahn stirbt.
Cyrano kämpft nicht wie etwa Romeo um die Liebe seiner Traumfrau. Er gibt den Kampf auf, bevor er begonnen hat und treibt die Frau in die Arme eines anderen Mannes. Seine Tragik besteht darin, dass Roxane sich in Wirklichkeit ohne es zu wissen eigentlich in ihn verliebt. Es sind seine Worte, die sie berühren und die ihr Herz erweichen, auch wenn sie dabei das Gesicht Christians vor Augen hat. Das Romantische an dem Drama sind die Liebesreden Cyranos, die tief aus seinem Herzen stammen und die er freiwillig Christian in den Mund legt.
Das Werk hatte gleich in zweifacher Weise eine große Bedeutung für die Literatur und prägte sowohl das Motiv des Ghostwriters als auch das der hässlichen Hülle, die einenwundervollen Menschen umschließt.
Goethes Leiden des jungen Werther – die große Tragik einer unerwiderten Liebe
Der Briefroman erzählt die Geschichte Werthers, eines jungen Mannes, der aus der Stadt aufs Land zieht und sich dort unsterblich in die bereits verlobte Lotte verliebt. Er freundet sich mit ihr und ihrem Verlobten an und verstrickt sich in ein platonisches Dreiecksverhältnis. Als er merkt, dass er seine Liebe zu Lotte nicht ausleben kann, verlässt er das Dorf, kehrt jedoch bald darauf wieder zurück – vor allem wegen Lotte. Diese hat in der Zwischenzeit geheiratet und fühlt sich von Werthers Besuchen bedrängt, so dass sie ihn bittet, etwas mehr Abstand zu ihr zu halten. Werther hält sich nicht daran und wird bei einem seiner Besuche von seinen Gefühlen überwältigt, umschlingt Lotte leidenschaftlich und küsst sie. Als diese daraufhin verwirrt vor ihm flüchtet, beschließt er sich das Leben zu nehmen. Er erschießt sich in seinem Zimmer, ein christliches Begräbnis wird ihm als Selbstmörder verwehrt.
Goethes Werther beeinflusste seine zeitgenössischen Leser wie kein Zweiter! Die Reaktionen waren kontrovers, jedoch alle höchst emotional. Während die einen die Verherrlichung des Suizids anprangerten, eiferten die anderen dem Helden nach. Junge Studenten trugen nach Erscheinen des Romans Werthers charakteristische blau-gelben Kleidung und es soll zwischen einem halben und einem Dutzend Selbstmorde gegeben haben, die im Stile Werthers vollzogen wurden. Die Sprache des Briefromans ist sehr naturbezogen und zeichnet sich durch eine tiefe Empfindsamkeit aus. Das Sturm und Drang-Werk betont die Tragik der Geschichte nicht nur durch die Handlung und den unglücklichen Helden, sondern vor allem auch durch die bedeutungsschwangere Sprachgewalt Goethes. Die starken Liebesgefühle, die den empfindsamen Werther schließlich übermannen, werden offen vor dem Leser ausgebreitet. Durch die Form des Briefromans erfährt er die sich ändernden und der Katastrophe entgegen eilenden Gefühle Werthers hautnah. Die Tragik der unglücklichen weil unerwiderten Liebe wird im Werther bis zum Höhepunkt getrieben. Werthers Liebe zu Lotte wird für den Helden zum einzigen Lebensinhalt. Unfähig, als ungeliebter Dritter weiterleben zu können, nimmt er seine Liebe zu Lotte mit ins Grab.
Autorin: Anne Bartel, Platinnetz-Redaktion
Datum: 02. Oktober 2009