Wer auch im Alter unabhängig bleiben und in den eigenen vier Wänden wohnen möchte, der muss sich zusätzlich absichern – und das schon heute! Denn die gesetzliche Pflegeversicherung deckt nur das aller Nötigste ab. Was kann die gesetzliche Pflichtversicherung leisten und was muss eine private Pflegeversicherung bieten?
Für viele Menschen ist es eine Schreckensvision, im Alter nicht mehr Zuhause, sondern fernab vom familiären Umfeld in einem Heim leben zu müssen. Und diese Angst haben nicht nur kinderlose Menschen. Auch Eltern möchten oft nicht das Risiko eingehen, später auf die Kinder angewiesen zu sein. Egal ob das daran liegt, dass die Kinder weit weg wohnen und man auf einen Umzug lieber verzichten würde oder weil man das Gefühl hat, sie mit eventuellen Pflegeaufgaben vor allem auch finanziell zu stark zu belasten.
Die gesetzliche Pflegeversicherung
Alle Industrienationen haben eines gemeinsam: Ihre Gesellschaft wird immer älter. Schätzungen ergeben, dass die Anzahl der über 60-Jährigen bis zum Jahr 2030 auf 28,5 Millionen Menschen ansteigen wird (2008 waren es noch 21 Millionen). Diese Entwicklung führt dazu, dass in Zukunft die Anzahl der Pflegebedürftigen steigen wird. Mit Blick auf die heutigen Familienstrukturen wird deutlich, dass es immer weniger Menschen gibt, die ihre Eltern selbst pflegen können. Heute sind Familien oft darauf angewiesen, dass beide Ehepartner berufstätig sind, was dazu führt, dass Kinder sich nicht mehr so intensiv um ihre Eltern kümmern können, wie es früher einmal der Fall war. Aus diesem Grund wurde 1995 die gesetzliche Pflegeversicherung als eine der fünf Säulen der Sozialversicherung eingeführt.
Die gesetzliche Pflegeversicherung gehört in Deutschland zu den Pflichtversicherungen, das bedeutet: Jeder, der gesetzlich krankenversichert ist, ist automatisch in der sozialen Pflegeversicherung versichert und jeder privat Krankenversicherte muss eine private Pflegeversicherung abschließen. Die gesetzliche Pflegeversicherung soll die Grundversorgung im Alter sichern. Sie zahlt je nach Pflegebedürftigkeit Geld für die professionelle Pflege eines Menschen oder für die geleistete Versorgung durch Ehrenamtliche oder Familienmitglieder. Die Unterstützung erfolgt dabei entweder durch Pflegegeld (wenn zum Beispiel Angehörige pflegen), Sachleistungen (zum Beispiel Dienstleistungen durch einen Pflegedienst) oder eine Kombination von beidem. Leider decken die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherungen häufig nicht annähernd die Kosten für ambulante Pflege oder einen Pflegeplatz ab.
Wird ein Mensch häuslich gepflegt, wird im Einzelfall von Mitarbeitern des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen entschieden, wie groß dessen Pflegebedürftigkeit ist. Die Zuordnung zu einer der drei Pflegestufen richtet sich nach dem Zeitaufwand, der für die Pflege des Betroffenen anfällt. In Pflegestufe I fällt demnach derjenige, dessen durchschnittlicher Hilfebedarf mindestens 90 Minuten pro Tag beträgt. Dabei müssen auf die Grundpflege (das heißt: Hilfe in Bereichen Körperpflege, Ernährung und Mobilität) mehr als 45 Minuten täglich entfallen. Der Pflegestufe II gehört der an, dessen durchschnittlicher Hilfebedarf mindestens 180 Minuten pro Tag mit einem Grundpflegebedarf von mehr als 120 Minuten täglich in Anspruch nimmt. Pflegestufe III verlangt einen durchschnittlichen Hilfebedarf von mindestens 300 Minuten pro Tag. Der Anteil an der Grundpflege muss dabei mehr als 240 Minuten täglich betragen.
Auf dieser Grundlage legen die drei Pflegestufen die Höhe der Sachleistungen und des Pflegegeldes fest:
Zwischen den Kosten sowohl für ambulante als auch für stationäre Pflege und den von der Pflichtversicherung gezahlten Leistungen klafft eine große Lücke. So muss man zum Beispiel damit rechnen, dass ein Pflegeplatz mit vollstationärer Pflege bei Pflegestufe III 3.000 Euro oder mehr kostet. Davon übernimmt die gesetzliche Pflegeversicherung 1.510 Euro – für den Rest muss der Betroffene oder dessen Familie aufkommen.
Auch bei ambulanter Pflege wird schnell deutlich, dass die gesetzliche Pflegeversicherung nicht annähernd die Kosten deckt: Benötigt ein Mensch, der in Pflegestufe I fällt, Hilfe im Haushalt, zum Beispiel beim Putzen, Einkaufen, Wäsche waschen, Körperpflege oder sonstigen Aufgaben wie etwa Gassi gehen mit dem Hund, so könnte man von 26 Stunden Unterstützung im Monat ausgehen. Gesetzt, dass die Hilfe durch einen Pflegedienst geleistet wird, ist ein durchschnittlicher Stundenlohn von 40 Euro realistisch. Bei dieser Rechnung entstehen dem Betroffenen monatliche Kosten von 1.040 Euro – von der gesetzlichen Pflegeversicherung erhält er 440 Euro.
Die Rente von pflegebedürftigen Personen reicht oft nicht aus, um die Differenz zwischen den Pflegekosten und den Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung zahlen zu können. Und das bedeutet leider gerade für Menschen, die mit der passenden ambulanten Hilfe weiterhin selbstständig Zuhause leben könnten, oft den Weg in ein Heim.
Nicht nur für die Betroffenen, auch für deren Familienmitglieder ist die Absicherung durch eine zusätzliche Pflegeversicherung elementar. Denn kann der Betroffene die Kosten für seine Pflege nicht selbst tragen, werden die Angehörigen zur Kasse gebeten. Oft müssen diese aus finanziellen Gründen auf die Hilfe professioneller Pflegedienste verzichten und pflegen ihre Familienmitglieder selbst. Dabei stoßen laut Experten viele Menschen an ihre Grenzen. Und nicht nur an finanzielle Grenzen, wie Pflegewissenschaftler der Universität Bremen wissen: Oft leiden die pflegenden Angehörigen sehr stark darunter, nur noch wenig Zeit für sich selbst zu haben, aber vor allem auch daran, zu große Ansprüche an sich selbst zu stellen und dem Gefühl, zu wenig Anerkennung zu erfahren. Die Pflege eines Menschen braucht nicht nur Zeit, Geduld und Einfühlungsvermögen, sondern vor allem auch Fachwissen und entsprechende Hilfsmittel. Hier können professionelle Pflegedienste unterstützend eingreifen oder auch die komplette häusliche Pflege übernehmen und so die Angehörigen entscheidend entlasten und unterstützen.
Mit einer privaten Pflegeversicherung die eigene Unabhängigkeit sichern
Der Großteil der Pflegebedürftigen zieht es vor, Zuhause im familiären Umfeld gepflegt zu werden, statt sich stationär, zum Beispiel in einem Altenheim, versorgen zu lassen. So erhält nach aktuellem Stand der überwiegende Teil der zu pflegenden Menschen (rund 1,53 Millionen) ambulante Leistungen, stationär gepflegt werden rund 0,72 Millionen Menschen.
Dementsprechend sollte man bei Abschluss einer privaten Pflegeversicherung darauf achten, dass diese die Kosten einer ambulanten Versorgung durch einen professionellen Pflegedienst abdeckt. Hierbei ist es aus mehreren Gründen wichtig, so früh wie möglich eine gute Pflegezusatzversicherung abzuschließen. Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, bei der Gesundheitsprüfung der Versicherung gut abzuschneiden, in jüngeren Jahren höher – abgesehen davon, dass die Beiträge selbst sich auch vom Alter ableiten: Je älter man bei Vertragsabschluss ist, desto höher sind die Raten.
Doch gerade, wenn man frühzeitig eine private Pflegeversicherung abschließt, muss man darauf achten, dass man einen Anbieter wählt, der einem Inflationsschutz garantiert, indem er z.B. anstatt einer Pflegerente eine Sachleistung absichert, sprich die Leistung eines qualifizierten Pflegedienstes garantiert. Denn zahlt man heute für eine Stunde professioneller Pflegeleistung etwa um die 40 Euro, kann das in zehn Jahren ganz anders aussehen. Denn auch die Preise dieser Dienstleistungen werden im Laufe der Jahre enorm steigen und somit wäre das eingezahlte Geld nach einigen Jahren nicht mehr so viel Wert wie noch bei der Einzahlung.
Die gängigsten Modelle einer privaten Pflegeversicherung sind die Pflegekostenversicherung und die Pflegetagegeldversicherung. Die Pflegekostenversicherung erstattet tatsächlich entstandene Kosten bis zu einem Höchstbetrag oder bis zu einem Prozentsatz. Die Pflegetagegeldversicherung zahlt eine vereinbarte Geldsumme pro Tag aus und zwar unabhängig von den tatsächlichen Kosten. Die Höhe richtet sich nach der Pflegestufe. Der volle Tagessatz wird hier häufig erst ab Pflegestufe III fällig. Beide Modelle haben den entscheidenden Nachteil, dass die komplette Organisation der Pflege selbst übernommen werden muss. In der Praxis bedeutet das häufig, dass Kinder oder Verwandte die Pflege koordinieren müssen. Und das fällt nicht nur dann schwer, wenn die Angehörigen weit vom Pflegebedürftigen entfernt wohnen. Vieles muss bedacht und organisiert werden – von den ersten bürokratischen Schritten über die Auswahl des Pflegepersonals bis hin zur pflegegerechten Einrichtung der Wohnung. Hilfreich ist es deshalb, eine Pflegeversicherung zu wählen, die einem organisatorische Aufgaben abnimmt.
Experten raten außerdem, nicht nur die höchste Pflegestufe III durch eine zusätzliche Versicherung abzudecken, denn Statistiken zeigen, dass die meisten Menschen in die Pflegestufe I oder II fallen. Deshalb sollte man ein Versicherungsmodell wählen, das alle drei Stufen abdeckt und Sie zudem auch im Fall von Demenzkrankheit absichert.
Mit einem Versicherungsprodukt, das die ambulante Versorgung durch einen professionellen Pflegedienst auch in der Pflegestufe I und II gewährleistet, kann eine stationäre Pflege häufig vermieden werden. Und das ist der beste Weg, sich seine Selbstbestimmtheit und Selbstständigkeit auch in hohem Alter zu erhalten.
Autorin: Anne Bartel, Platinnetz-Redaktion